Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

2. Aussenpolitik

94.027 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Schweiz und Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik
Coopération transfrontalière et participation des cantons à la politique étrangère

Bericht: 07.03.1994 (BBl II, 620 / FF II, 604)

Ausgangslage

Die Aussenbeziehungen der Kantone sind nach der EWR-Abstimmung vom 6. Dezember 1992 zu einem wichtigen politischen Thema geworden. Gegenüber dem Bund haben die Kantone eine verstärkte Mitwirkung an der Aussenpolitik gefordert. Die Anliegen der Kantone sind in den eidgenössischen Räten in Form verschiedener parlamentarischer Vorstösse aufgenommen worden.

Die Kompetenzen der Kantone im auswärtigen Bereich sind in den Artikeln 9 und 10 der Bundesverfassung geregelt. Sie sind nur subsidiärer Natur. Die Kantone können auf allen Gebieten, die in ihre Zuständigkeit fallen, Verträge mit dem Ausland abschliessen.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit rings um die Schweiz findet ihren Ausdruck in den verschiedensten Formen: von losen Kontakten bis zu vertraglichen Rechten und Pflichten und der Zusammenarbeit in gemeinsamen Institutionen, auf regionaler und kommunaler Ebene, zwischen öffentlichen Körperschaften und privaten Organisationen usw. Auf internationaler Ebene nehmen sie an verschiedenen Organisationen teil, welche die Stärkung der Regionen und ihrer Zusammenarbeit im Hinblick auf ein Europa der Regionen verfolgen.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit lebt von der Initiative der Kantone, der Gemeinden und weiterer regionaler und lokaler öffentlicher Institutionen sowie verschiedenster privater Kreise aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur usw. Wenn es jedoch um Liberalisierung- und Integrationsverträge geht, ist der Spielraum klein, da die entsprechenden Kompetenzen in der Schweiz beim Bund und im angrenzenden Ausland ebenfalls auf nationaler bzw. für die Mitglieder der Europäischen Union auf supranationaler Ebene angesiedelt sind.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist Teil der Regionalpolitik sowie der Integrationspolitik des Bundes.

Die Kantone haben verschiedene Möglichkeiten, an der Aussenpolitik des Bundes mitzuwirken, insbesondere wenn ihr Kompetenzbereich und ihre Interessen berührt werden (Konsultation im Vernehmlassungsverfahren oder auf andere Weise, Aufnahme von Kantonsvertretern in Verhandlungsdelegationen usw.) Für die Information und Anhörung besteht das Kontaktgremium Bund-Kantone.

Verhandlungen

NR 26.09.1994 AB 1994, 1464
SR 23.01.1995 AB 1995, 1

Im Nationalrat zeigten die Stellungnahmen der - mit Ausnahme der Freiheitspartei - durchwegs wohlwollenden bis vorbehaltlos positiven Fraktionen eine Konfliktlinie klar auf: Während alle Grenzkantone danach trachten, das Abseitsstehen vom EU-Binnenmarkt durch individuelle Initiativen und Engagements über die Landesgrenze in die Nachbarregionen hinein zu kompensieren, bestehen in den Binnenkantonen offenbar Befürchtungen, es könnte sich eine Schweiz der zwei Geschwindigkeiten herausbilden.

Bürgerliche und linke Parlamentarier meinten, dass mit der Isolation der Schweiz auf europäischer Ebene, die grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit gewachsen sei. Dies führe zu wachsenden Integrationsschritten von unten und helfe das europapolitische Thema auch intern besser zu verankern. Entscheidend sei auch, dass die Kantone in die Entscheidungsprozesse zur Weiterentwicklung der bilateralen Verhandlungen mit der EU eingebunden würden.

Bundesrat Cotti erinnerte daran, dass dieser Bericht ein Anhang zum Bericht über die Aussenpolitik der 90er Jahre sei. Die Schweiz müsse im Bereich der Aussenpolitik eine Einheit bilden, was eine Teilnahme der Kantone an der Ausgestaltung nicht ausschliesse. Die Verfassungsgrundlagen dazu seien genügend.

Im Ständerat übermittelte Rhinow (R, BL) als Kommissionssprecher den Befund der kleinen Kammer: In der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit würden die Möglichkeiten der Kantone noch nicht ausgeschöpft. Onken (S, TG) wertete den Bericht des Bundesrates als ausgezeichnete Gesamtschau der Möglichkeiten. Neue verfassungsmässige Grundlagen seien nicht notwendig, hiess es im Ständerat. Die Kantone sollen aber noch ideenreicher und aktiver sein. Mit Befriedigung stellte der Rat die Bereitschaft des Bundesrates fest, diese Kompetenzen zu schützen und zu wahren. Die Kantone müssten in die strategische Willensbildung in der Aussenpolitik eingebunden werden.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

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